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Rückblick und Aufbruch

Die Jahrestagung der Transferagentur Rheinland-Pfalz- Saarland am 5. und 6. Juli 2022 im Congressforum Frankenthal stand unter dem Motto „Bildung im Aufbruch“. Zunächst ging es jedoch darum, zurückzublicken – auf acht arbeitsreiche, interessante Jahre, in denen im Rahmen des Förderprogramms „Bildung integriert“ Vieles bewegt und erfolgreiche Projekte angestoßen werden konnten. Auf den Blick zurück folgte der Blick nach vorne: Gemeinsam mit den Teilnehmenden und Referent:innen haben wir diskutiert, was wir aus den Erfahrungen der datengestützten, kooperativen Bildungsgestaltung der vergangenen Jahre lernen können und welche Perspektiven es für die Weiterentwicklung kommunaler Bildungslandschaften mit dem Start der neuen Förderung „Bildungskommunen“ gibt.

Regionalen Herausforderungen regional begegnen

In seinem Grußwort stellte Minister Alexander Schweitzer heraus, wie wichtig kommunale Bildungslandschaften aus Sicht des rheinland-pfälzischen Ministeriums für Arbeit, Soziales, Transformation und Digitalisierung sind. Das Thema Bildung sei als ganzheitliches Thema erkannt und der Schlüssel für ein gelingendes Aufwachsen und Zusammenleben. Dabei müsse man regionalen Herausforderungen vor allem auch regional begegnen. Die in der aktuellen Transformation der Arbeitswelt nötigen Weiterbildungs- und Qualifizierungsangebote müssten politisch unterstützt werden. Letztlich solle nicht mehr die Frage sein, ob sich jemand Qualifizierung leisten könne, sondern ob sich jemand keine Qualifizierung mehr leisten könne. Minister Schweitzer lobte, dass die Transferagentur mit den Bildungslandschaften Voraussetzungen schaffe, damit die Transformationsagentur Rheinland-Pfalz erfolgreich Menschen bei der Anpassung ihrer formalen Qualifikation an die Anforderungen der Zeit unterstützen könne.

Von guten Strukturen und der nötigen Überzeugungskraft

Wie es in den vergangenen Jahren gelungen ist, kommunale Bildungslandschaften in Rheinland-Pfalz und dem Saarland zu entwickeln und welche Perspektiven durch das neue Förderprogramm „Bildungskommunen“ entstehen, diskutierte Moderatorin Dr. Franziska Ziegelmeyer mit Dr. Thomas Greiner vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, der Koblenzer Kulturdezernentin PD Dr. Margit Theis-Scholz und mit Rudolf Fries, ehrenamtlicher Geschäftsführer vom Trägerverein Kommunales Bildungsmanagement Rheinland-Pfalz – Saarland e.V.

Zum Ende des erfolgreichen Modellprogramms „Lernen vor Ort“ stellte sich die Frage, wie der Transfer in weitere Kommunen gelingen könne. Da es hierfür keine Blaupause gab, kam die Idee der Transferagenturen auf, die die Rahmenbedingungen für einen erfolgreichen Transfer schaffen sollten, erläuterte Dr. Thomas Greiner. Für Rudolf Fries und andere Beteiligte aus „Lernen vor Ort“ in Rheinland-Pfalz und dem Saarland war klar, dass es eine solche Agentur für beide Bundesländer geben müsse. Auch in den Ministerien sei die Idee des Programms verinnerlicht worden und so habe man es trotz der manchmal komplizierten Zusammenarbeit von Ministerien und Kommunen geschafft, einen Trägerverein zu gründen. Die Struktur eines Vereins schaffe in dieser Zusammensetzung Neutralität mit Blick auf das Thema Bildung und sei „die einzig richtige Form“, so Fries.

Mit dem Programm „Bildungskommunen“ wolle man es nun schaffen, dass sich erfahrene Kommunen weiterentwickeln und inhaltlich vertiefen können und neuen Kommunen der einfache Einstieg und der Aufbau einer Struktur ermöglicht wird. Zudem habe man die Breite vergrößern und einen Fächer an Zukunftsthemen aufmachen wollen, ergänzte Greiner.

PD Dr. Margit Theis-Scholz erklärte, die Stadt Koblenz wolle den eingeschlagenen Weg nun mit „Bildungskommunen“ weitergehen. Denn der Aufbau eines kommunalen Bildungsmanagements habe in Koblenz wichtige Netzwerke entstehen lassen und Bildungsdaten würden nun als Grundlage für Entscheidungen genutzt, so Theis-Scholz. Sie motivierte die Teilnehmenden, die Überzeugungskraft für ein kommunales Bildungsmanagement aufzubringen und den Aufbau anzugehen, jenseits der finanziellen Lage in der Kommune.

Bildungsmanagement als Veränderungsprozess

Überzeugungskraft braucht es auch, um Veränderungen in Gang zu bringen. Über die Bedeutung von Veränderungsprozessen und darüber, wie neue Organisationskulturen und Kooperationen entstehen können, sprach Professor Dr. Malte Schophaus von der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen in seiner Keynote am ersten Tag der Jahrestagung. Kein Bildungsakteur könne die Zukunftsfragen unserer Zeit zu Themen wie Digitalisierung, Klimawandel oder Chancengleichheit ohne die Zusammenarbeit mit anderen Akteuren alleine beantworten. „Deswegen sind die Prozesse an den Rändern, an den Grenzen der Organisationen interessant.“ Dort sei es möglich, Akteure und verschiedene Organisationen zusammenzubringen und Kooperationsprozesse zu initiieren. Eine solche Zusammenarbeit findet nach Professor Schophaus beispielsweise in sogenannten Praxis-Gemeinschaften statt, in denen Akteure mit unterschiedlichen Hintergründen und Denkweisen an gemeinsamen Zielen arbeiten und über die gemeinsamen Themen auch zu einer neuen Form der Kooperation finden – und letztlich voneinander, von ihren „Peers“, lernen. Insofern lautete der abschließende Appell von Professor Schophaus: „Lernen Sie mit und von Peers. Erzeugen Sie Kooperationsgruppen, in denen Vertrauen herrscht, in denen eine hohe Motivation besteht […] und die sehr stabil langfristig über Projekt- und Fördergrenzen hinaus bestehen bleiben können.“

Lessons Learned

Im anschließenden World Café widmeten sich die Teilnehmenden an den Konferenztischen im regen Austausch der Frage, wie man den Herausforderungen im Bildungsbereich vor Ort begegnen kann und was man dazu aus der Vergangenheit für die Zukunft lernen kann. Die Teilnehmenden diskutierten u. a., welche Methoden und Werkzeuge sich zur Projektkoordination und Netzwerkarbeit bewährt haben und welche Good-Practice-Erfahrungen dabei helfen können, langfristige Voraussetzungen für eine datengestützte Zusammenarbeit in der Bildungskommune zu schaffen.

Erfolge aus den Kommunen

ZukunftsChance Bildungskommune

Eine gute Zusammenarbeit vor Ort haben der Landkreis Merzig-Wadern und Neustadt an der Weinstraße bereits etabliert. Sie gestalten die Zukunft ihrer Bürgerinnen und Bürger inmitten vielfältiger Aufgaben. Welchen Herausforderungen sie dabei begegnen und welche Chancen sich daraus ergeben, diskutierten Landrätin Daniela Schlegel-Friedrich und Oberbürgermeister Marc Weigel zu Beginn des zweiten Konferenztages. Eine zentrale Herausforderung in Merzig-Wadern sei der demografische Wandel. Dies bedeute nicht nur, dass es mehr alte Menschen in der Region gebe, sondern auch weniger Junge. Für diese müssten die Rahmenbedingungen so gestaltet werden, dass sie gerne in der Region blieben, erläuterte Schlegel-Friedrich. In Neustadt an der Weinstraße seien die zentralen Ziele Lebenslanges Lernen, die Stärkung der Kommune als Bildungsstandort und das Anschieben von Strategieentwicklungsprozessen in der Verwaltung. Bei der Umsetzung der Ziele liefen die Fäden im Bildungsbüro zusammen, so Weigel. Dem Bildungsbüro komme beim Erfassen von Angeboten und bei der Bedarfsermittlung eine Querschnittsfunktion zu. Um die Bedarfe noch besser untermauern zu können, brauche man Daten. Beim Thema Bildungsmonitoring könne man in Neustadt vom Landkreis Merzig-Wadern noch lernen. Landrätin Schlegel-Friedrich bestätigte, wie wichtig es sei die Gesamtheit der ganzen Zahlen aus dem Bildungsmonitoring im Blick zu behalten. Angesichts knapper Ressourcen könne mit Hilfe des datenbasierten kommunalen Bildungsmanagements entschieden werden, wo der Handlungsbedarf am größten sei.

Den Weg zur Bildung freimachen

Die Frage, wie datenbasierte Entscheidungen gelingen können, wurde anschließend an den Thementischen diskutiert, neben anderen Fragen zu Themen wie Fachkräftemangel, Integration durch Bildung und digital-vernetzte Bildungslandschaften. An den insgesamt sechs Tischen konnten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit Gleichgesinnten aus anderen Kommunen zusammenfinden und ihre Ideen, Erfahrungen und Lösungsansätze zu zentralen Herausforderungen des kommunalen Bildungsmanagements austauschen.

Die Ergebnisse des Erfahrungsaustausches haben die Teilnehmenden auf Postern gesammelt.

Leitfragen
  1. Wann vermitteln Daten ein realistisches und steuerungsrelevantes Bild der Lebenswirklichkeit der Bürger:innen?

  2. Wie kann man Zahlen und Daten so präsentieren, dass Politik gerne und konstruktiv über sie diskutiert?

  3. Welche Vorteile haben sozialräumliche / kleinräumige Daten für Entscheidungen und die Planung von Bildungsprojekten?

Leitfragen

  1. Was hindert Menschen daran, Bildungsangebote zu finden, die zu ihrer Lebenslage passen?
  2. Wie wird ein Bildungsportal für die meisten Menschen barrierefrei?
  3. Wie kann die Kooperation von Bildungsanbietern helfen, Bildungsangebote transparenter und zugänglicher zu gestalten?

Leitfragen

  1. Wie lassen sich die Vorteile beider Welten (digitale und Präsenzangebote) durch Verzahnung nutzen?
  2. Wo sehen Sie Chancen, durch Digitalisierung die Zusammenarbeit zwischen Bildungsakteuren zu verbessern?
  3. Wie helfen digitale Angebote dabei, dass Bildung barrierefreier wird?

Leitfragen

  1. Was muss in einem Bildungsleitbild stehen, damit die Qualität kommunaler Bildung steigt?
  2. Wie fördert ein Bildungsleitbild die Zusammenarbeit der Bildungsakteure?
  3. Was sind die Voraussetzungen, dass Bildungsakteure ihre Arbeit nach einem Leitbild ausrichten?

Leitfragen

  1. Welche Kompetenzen und Berufsbilder braucht ihre Kommune, um für ihre Zukunft vorbereitet zu sein?
  2. Wie können Kinder und Jugendliche als Fachkräfte der Zukunft vorbereitet werden?
  3. Wie finden junge Menschen eine zu Ihren Interessen und Lebensumständen passende berufliche Perspektive in ihrer Kommune?

Leitfragen

  1. Wie hat die Flüchtlingssituation 2015 auf das Jahr 2022 vorbereitet?
  2. Wie unterscheiden sich die beiden Situationen der Neuzugewanderten?
  3. Was sollte in der aktuellen Fokussierung auf Flüchtlinge aus der Ukraine unbedingt beachtet bzw. nicht vergessen werden?

Bildung als Fähigkeit zur Verständigung

Professorin Dr. Gesine Schwan, Präsidentin und Mitgründerin der Humboldt-Viadrina Governance Platform, führte in Ihrer Keynote zunächst aus, dass der merkbare Wandel, den wir in Bereichen wie Digitalisierung und Berufsbildung derzeit erleben, für Viele eine Herausforderung oder gar Beängstigung darstelle. „Ein Wandel, mit dem man nicht umgehen kann, macht Angst.“ Bildung müsse dazu dienen, diese Angst zu nehmen und das Selbstwertgefühl der einzelnen Menschen zu stärken. Eine zentrale Funktion von Bildung sei die Fähigkeit zur Verständigung, u. a. mit verschiedenen Perspektiven, Systemen und Menschen.

Bildung in der Kommune entstehe somit nicht nur durch das Verknüpfen von Institutionen, sondern „indem man Bürgerteilhabe so organisiert, dass die Teilhabe zugleich ein Bildungsprozess ist. Und so plädiere ich für die Einrichtung sogenannter Entwicklungsbeiräte, die die Entwicklung einer kommunalen Bildungslandschaft langfristig begleiten.“ Die Beiräte seien eine politisch institutionalisierte Konkretisierung von Bildung, „weil man in ihnen lernt, die verschiedenen Perspektiven unter dem Aspekt einer gemeinsamen besseren Zukunft zusammenzubringen“, betonte Professorin Schwan in ihrem Schlusswort.

Politische Unterstützung für die Transferagentur

Eine Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger ist auch dem saarländischen Bildungsstaatssekretär Jan Benedyczuk wichtig. Angesichts des allgegenwärtigen Wandels und den damit verbundenen bildungspolitischen Herausforderungen, die sich auch im Saarland bemerkbar machten, wolle er die Transformation gemeinsam mit den Menschen schaffen, erläuterte er im Gespräch mit Dr. Katja Wolf. Aber auch eine gute Kooperation zwischen Land, Kommunen und Bildungsakteuren sei wichtig. Hier biete die Transferagentur RLP-SL einen hilfreichen Rahmen zur Vernetzung. Daher wolle man die Transferagentur weiterhin in geeigneter Weise in ihrer Arbeit unterstützen.

Bildergalerie

© Piotr Banczerowski / Transferagentur RLP-SL

Tagungsprogramm

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Ansprechpartner

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Teamleitung Kommunikation und Veranstaltungen

Sebastian Müller

Kommunale Beratung

Kontakt

Regionalagentur Kommunales Bildungsmanagement Rheinland-Pfalz – Saarland

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